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Mutterschaft und medizinisches Cannabis: Zwischen Selbstfürsorge und Stigmatisierung

Geschrieben von Dr. Julian Wichmann | 07.03.25 22:46

Medizinisches Cannabis in der Mutterschaft: Eine unterschätzte Unterstützung

Die Mutterschaft ist eine herausfordernde Lebensphase, die oft mit hohem Stress, körperlichen Beschwerden und psychischen Belastungen einhergeht. Eine aktuelle Studie aus Neuseeland zeigt, dass medizinisches Cannabis für viele Mütter eine wichtige Unterstützung darstellt – insbesondere zur Behandlung von Angstzuständen, chronischen Schmerzen, Endometriose und Schlafstörungen. Trotz der nachweislichen Vorteile erleben viele Frauen jedoch gesellschaftliche Vorurteile und müssen sich Strategien überlegen, um mit der Stigmatisierung umzugehen.

Vorteile von medizinischem Cannabis zur Stressbewältigung

Stress ist ein allgegenwärtiges Problem für viele Mütter, das sich sowohl auf die mentale als auch auf die physische Gesundheit auswirken kann. Medizinisches Cannabis kann helfen, Stressreaktionen zu reduzieren, innere Anspannung abzubauen und das Nervensystem zu beruhigen. Die in Cannabis enthaltenen Cannabinoide, insbesondere CBD (Cannabidiol) und THC (Tetrahydrocannabinol), interagieren mit dem Endocannabinoid-System des Körpers und helfen dabei, Cortisol-Spitzen (Stresshormon) zu senken und somit eine ausgeglichenere Stimmung zu fördern

Medizinisches Cannabis bei Angststörungen, chronischen Schmerzen, Endometriose und Schlafstörungen

Medizinisches Cannabis zeigt vielversprechende Effekte bei einer Vielzahl von gesundheitlichen Beschwerden, die viele Frauen betreffen und insbesondere bei Müttern eine große Einschränkung im Umgang mit ihren Kindern darstellen:

  • Angststörungen: Medizinisches Cannabis und insbesondere CBD besitzt angstlösende Eigenschaften, die helfen können, übermäßige Sorgen und Anspannungen zu reduzieren. Viele Nutzerinnen berichten von einer verbesserten emotionalen Balance und weniger stressbedingten Panikattacken.
  • Chronische Schmerzen: THC und CBD wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd, was besonders bei chronischen Schmerzen, Migräne und Muskelverspannungen hilfreich sein kann.
  • Endometriose: Cannabis kann krampflösende und entzündungshemmende Eigenschaften entfalten, die Unterleibsschmerzen und Menstruationsbeschwerden lindern können.
  • Schlafstörungen: Durch seine beruhigende Wirkung kann medizinisches Cannabis helfen, die Einschlafzeit zu verkürzen und die Schlafqualität zu verbessern. Besonders THC kann eine tiefere Entspannung fördern, während CBD den REM-Schlaf (Schlafphase, in der besonders viel geträumt wird) stabilisiert und Albträume reduziert.

 

Die Studie im Detail: Wie medizinisches Cannabis Müttern hilft

Die Studie von Withanarachchie et al. (2025) basiert auf einer qualitativen Studie, in der Mütter aus Neuseeland ausführlich zu ihren Erfahrungen mit medizinischem Cannabis befragt wurden. Ziel der Studie war es, zu verstehen, wie medizinisches Cannabis den Alltag und das Wohlbefinden dieser Frauen beeinflusst. Die Mütter berichteten, dass die Nutzung von Cannabis ihnen half, ihre eigene Gesundheit besser zu unterstützen, stressresistenter zu sein und präsenter im Umgang mit ihren Kindern zu bleiben. Besonders häufig wurde medizinisches Cannabis zur Linderung von chronischen Schmerzen, Schlafstörungen und psychischem Stress eingesetzt.

Was ist eigentlich eine qualitative Studie?

Eine qualitative Studie untersucht Erfahrungen, Meinungen und Perspektiven von Menschen durch Interviews oder Beobachtungen. Im Gegensatz zu großen quantitativen Studien mit vielen Teilnehmenden, die statistische Zusammenhänge messen, bietet eine qualitative Forschung detaillierte Einblicke in individuelle Erlebnisse. Das bedeutet jedoch auch, dass die Ergebnisse nicht direkt auf alle Mütter weltweit übertragbar sind, sondern vielmehr Trends und persönliche Sichtweisen aufzeigen. Weitere und großangelegte Studien können auf der Basis von qualitativen Untersuchungen durchgeführt werden, um die Aussagen auch auf eine größere Gruppe (in diesem Fall Mütter) übertragen zu können und so allgemeingültige Aussagen zu treffen. 

Die Rolle von medizinischem Cannabis für Mütter

Laut der Studie kann medizinisches Cannabis Müttern helfen, mit den Herausforderungen der Mutterschaft besser umgehen zu können und vor allem ihre Gesundheit mit natürlicher Medizin zu verbessern. Die Befragten berichteten, dass sie sich durch die Einnahme von medizinischem Cannabis entspannter, geduldiger und belastbarer fühlen. Dies wiederum verbessert die Mutter-Kind-Beziehung und hilft dabei, den alltäglichen Stress besser zu bewältigen. 

Gleichzeitig betonten die Teilnehmerinnen der Studie, dass sie die Einnahme von medizinischem Cannabis bewusst steuern – beispielsweise auf die Abendstunden verlegen oder sicherstellen, dass ihre Kinder nicht direkt damit in Kontakt kommen. Diese bewusste Nutzung zeigt, dass viele Mütter verantwortungsvoll mit medizinischem Cannabis umgehen, um ihre elterlichen Pflichten bestmöglich zu erfüllen. 

Stigmatisierung und gesellschaftlicher Druck

Trotz der positiven Erfahrungen stehen Mütter, die medizinisches Cannabis nutzen, häufig unter gesellschaftlichem Druck. Die Studie zeigt, dass viele Frauen sich mit negativen Stereotypen auseinandersetzen müssen, die sie als "schlechte Mütter" abstempeln. Besonders alleinerziehende Frauen oder solche mit geringem Einkommen befürchten, dass ihre Cannabis-Nutzung gegen sie verwendet werden könnte – etwa in Sorgerechtsstreitigkeiten oder in sozialen Kontexten.

Strategien zur Bewältigung der Vorurteile

Die Befragten entwickelten verschiedene Strategien, um mit dem gesellschaftlichen Druck umzugehen. Dazu gehören:

  • Verheimlichen der Nutzung, um Konflikte zu vermeiden.
  • Rationalisierung der Einnahme, indem sie den medizinischen Nutzen betonen und Cannabis mit anderen verschreibungspflichtigen Medikamenten vergleichen.
  • Aktive Aufklärung, um das Bewusstsein für die therapeutischen Vorteile von Cannabis zu stärken und Stigmata abzubauen.

Ein besonders interessanter Aspekt der Studie war der Umgang mit Kindern. Einige Mütter entschieden sich bewusst dafür, offen mit ihren Kindern über ihre Cannabis-Nutzung zu sprechen, um Vorurteile zu entkräften und frühzeitig eine natürliche, faktenbasierte Sichtweise auf das Thema zu fördern.

Fazit: Ein Umdenken ist notwendig

Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass medizinisches Cannabis für viele Mütter eine essenzielle Unterstützung darstellt. Dennoch bleibt die gesellschaftliche Akzeptanz eine große Herausforderung. Es braucht mehr Aufklärung, bessere finanzielle Zugänge und eine Entstigmatisierung von MC, damit Mütter sich sicher fühlen, die für sie passende Therapie zu wählen.

Indem wir offen über die Vorteile und Herausforderungen sprechen, können wir dazu beitragen, dass medizinisches Cannabis als legitime Behandlungsoption für Mütter anerkannt wird – ohne Angst vor Vorurteilen oder negativen Konsequenzen.

 

 

Quelle: Withanarachchie, V., Rychert, M., & Wilkins, C. (2025). Motherhood and medicinal cannabis. Drug and Alcohol Review.