By: Dr. Julian Wichmann 01.11.24 07:05
Medizinisches Cannabis erfreut sich wachsender Beliebtheit, da immer mehr Patienten die therapeutischen Vorteile dieser Pflanze entdecken. Doch was viele nicht wissen: Bestimmte Lebensmittel und Getränke können die Wirkung von Cannabis beeinflussen. In diesem Blogpost gehen wir auf die Wechselwirkungen von medizinischem Cannabis mit Koffein, Grapefruit und Chili ein – drei alltägliche Lebensmittel, die potenzielle Effekte auf die Wirksamkeit einer Behandlung mit medizinischem Cannabis haben könnten.
Koffein, das in Kaffee, Tee und Energy-Drinks enthalten ist, ist für seine anregende Wirkung bekannt. Es steigert die Wachsamkeit und kann in Kombination mit Cannabis die Wirkung der Pflanze beeinflussen. Eine Studie von Thai et al. (2021) hat gezeigt, dass Koffein die Wirkung von THC, dem psychoaktiven Hauptbestandteil von Cannabis, potenziell verstärken kann. Sowohl Koffein als auch THC wirken auf das Adenosin-System im Gehirn, was dazu führen kann, dass die beiden Substanzen sich gegenseitig verstärken. Dies kann für Patienten, die an Müdigkeit oder Energielosigkeit leiden, vorteilhaft sein, da sie die anregende Wirkung nutzen können. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass die Kombination zu erhöhter Nervosität, Herzklopfen oder Schlafstörungen führt. Patienten sollten daher vorsichtig mit dieser Kombination umgehen und ihre individuelle Verträglichkeit beobachten. Zusätzlich dazu fand eine Studie von Rossi et al. (2009) heraus, dass Koffein die Wahrnehmung der psychoaktiven Effekte von Cannabis beeinflussen kann, indem es die Reizverarbeitung im Gehirn verändert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die gleichzeitige Einnahme von Koffein und THC zu veränderten kognitiven Reaktionen führen könnte, was bei der medizinischen Anwendung beachtet werden sollte.
Tipp: Wenn du zusätzlich zu deiner Cannabistherapie gerne Kaffee trinkst, achte darauf, wie dein Körper auf die Kombination reagiert. Bei ersten Anzeichen von Unruhe oder Nervosität ist es ratsam, die Dosierung zu reduzieren.
Grapefruit ist bekannt dafür, die Wirkung vieler Medikamente zu beeinflussen, und dies gilt auch für medizinisches Cannabis. Der Grund dafür liegt im CYP-System (Cytochrom-P450-Enzymsystem), einer Gruppe von Enzymen, die im Körper für den Abbau von Substanzen verantwortlich sind. Das Enzym CYP3A4 ist besonders wichtig, da es am der Verstoffwechselung vieler Medikamente - so auch THC und CBD beteiligt ist. Grapefruit enthält Furanocumarine – spezielle chemische Verbindungen, die dieses Enzym hemmen und den Abbau von Substanzen verlangsamen können (Greger et al., 2020). Was bedeutet das für Patienten? Wenn du Grapefruit isst oder Grapefruitsaft trinkst, kann dies dazu führen, dass THC und CBD langsamer abgebaut werden. Das Ergebnis: eine intensivere und länger anhaltende Wirkung von Cannabis. Während dies in manchen Fällen wünschenswert sein könnte, kann es auch zu unerwarteten Nebenwirkungen führen, insbesondere wenn die übliche Dosis nicht angepasst wird. Eine zusätzliche Studie von Siwek et al. (2024) bestätigt die Rolle von Grapefruit bei der Hemmung des CYP3A4-Enzyms und zeigt, wie diese Wechselwirkung die Pharmakokinetik von verschiedenen Substanzen, einschließlich Cannabinoiden, beeinflussen kann. Empfehlung: Wenn du regelmäßig medizinisches Cannabis einnimmst und Grapefruit oder andere Zitrusfrüchte essen möchtest, sprich mit deinem Arzt darüber, um die beste Vorgehensweise zu finden.
Capsaicin, der Wirkstoff, der Chilischoten ihre Schärfe verleiht, ist bekannt für seine schmerzlindernden Eigenschaften. Studien haben gezeigt, dass Capsaicin auf den TRPV1-Rezeptor einwirkt, der auch eine Rolle in der Schmerzmodulation spielt (Li und Zheng, 2024). Auch medizinisches Cannabis kann seine schmerzlindernden Effekte über diesen Rezeptor entfalten (Louis-Gray et al, 2024). Es ist naheliegend, dass die Kombination von Capsaicin und Cannabinoiden zu einer stärkeren schmerzlindernden Wirkung führen könnte. Diese Synergie könnte für Patienten mit chronischen Schmerzen von Interesse sein, da die zusätzliche Einnahme von scharfen Speisen die Wirkung von medizinischem Cannabis verstärken kann. Außerdem kann die gemeinsame Aktivierung von TRPV1 durch Capsaicin und Cannabinoide zu einer verstärkten Freisetzung von Endorphinen führen, was die Schmerzschwelle anheben und die Schmerzwahrnehmung verringern kann. Wichtig: Während diese Kombination für manche Patienten vorteilhaft sein kann, ist es wichtig, auf deinen eigenen Körper zu hören. Scharfe Speisen sind nicht für jeden verträglich und können bei empfindlichen Personen Magenprobleme verursachen.
Die Kombination von medizinischem Cannabis mit Lebensmitteln wie Koffein, Grapefruit und Chili kann eine spannende Möglichkeit zur Optimierung der Therapie darstellen. Gleichzeitig ist Vorsicht geboten: Die Wechselwirkungen können individuell unterschiedlich sein, und die Konsumenten sollten sich der möglichen Effekte bewusst sein. Sprich immer mit deinem Arzt, wenn du Fragen zur sicheren Anwendung von Cannabis hast oder Änderungen in deiner Ernährung in Betracht ziehst.
Das Wissen über die Wechselwirkungen zwischen Cannabis und bestimmten Lebensmitteln kann Patienten helfen, ihre Therapie optimal zu gestalten. Indem man sich über potenzielle Effekte bewusst ist, lassen sich unerwünschte Nebenwirkungen vermeiden und die therapeutische Wirkung gezielt steuern. Vor allem bei medizinischen Anwendungen ist eine genaue Abstimmung mit dem behandelnden Arzt entscheidend, um eine sichere und effektive Behandlung zu gewährleisten.
Medizinisches Cannabis und seine Wechselwirkungen
1. Thai, C., Tayo, B., & Critchley, D. (2021). A phase 1 open‐label, fixed‐sequence pharmacokinetic drug interaction trial to investigate the effect of cannabidiol on the CYP1A2 Probe caffeine in healthy subjects. Clinical Pharmacology in Drug Development, 10(11), 1279-1289. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33951339/)
2. Rossi, S., De Chiara, V., Musella, A., Mataluni, G., Sacchetti, L., Siracusano, A., ... & Centonze, D. (2009). Caffeine drinking potentiates cannabinoid transmission in the striatum: interaction with stress effects. Neuropharmacology, 56 (3), 590-597. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19027757/)
3. Greger, J., Bates, V., Mechtler, L., & Gengo, F. (2020). The Journal of Clinical Pharmacology, 60(4), 432-438. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31724188/)
4. Siwek, M., Krupa, A. J., & Woroń, J. (2024).: Interactions between grapefruit juice and psychotropic medications an update of the literature and an original case series. Expert Opinion on Drug Metabolism & Toxicology. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38721667/).
5. Li, S., & Zheng, J. (2024). Capsaicin Receptor TRPV1: Biophysics, Physiology, and Pharmacology. In Capsaicinoids: From Natural Sources to Biosynthesis and their Clinical Applications (321-333)
6. Louis-Gray, K., Tupal, S., & Premkumar, L. S. (2022). TRPV1: a common denominator mediating antinociceptive and antiemetic effects of cannabinoids. International Journal of Molecular Sciences, 23(17). (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36077412/)
Eine Spinalkanalstenose kann zu erheblichen Einschränkungen im Alltag führen, da sie nicht nur...
Schlafprobleme sind ein häufiges Phänomen, das sehr unterschiedliche Ursachen und schwerwiegende...