Cannabis und Psyche – welche Effekte haben THC & CBD?
Die positiven Eigenschaften von medizinischem Cannabis auf die Psyche von Patient:innen haben sich...
By: Dr. Julian Wichmann 23.01.24 12:54
Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, bei der es zu, in Schüben auftretenden, Entzündungen des Verdauungstraktes kommt. Durch Einschränkungen im Alltag kann die Lebensqualität beeinträchtigt werden, beispielsweise durch Diarrhö, Inkontinenz, Bauchschmerzen und Müdigkeit. Nach heutigem Wissen ist die Erkrankung nicht heilbar. Erste Symptome treten meist im Jugendalter oder jungen Erwachsenenalter auf. Die Behandlung von Morbus Crohn erfolgt häufig mit Medikamenten, wobei die Ansprechrate auf die medikamentöse Therapie nur bei 40 bis 60% liegt. Als neue Alternative wird die Behandlung der Symptome mit medizinischem Cannabis bereits seit einigen Jahren erforscht. Vor allem der schmerzlindernde Effekt von Cannabis steht im Fokus der Forschung und Behandlung. Trotzdem gibt es bisher nur wenige klinische Placebo-kontrollierte Studien.
Naftali und Kolleg:innen, von der Sackler School of Medicine in Tel Aviv, Israel beschäftigten sich mit den potentiell wirksamen Effekten von Cannabis auf die Symptome bei Morbus Crohn.
In einer Placebo-kontrollierten Studie, die im Jahr 2021 veröffentlich wurde, haben 56 Teilnehmer:innen für 8 Wochen, entweder Cannabis-Öl oder ein Placebo (Olivenöl mit Chlorophyll) eingenommen. Ein Placebo ist ein Mittel ohne medizinischen Wirkstoff, welches in dieser Studie in Form von Öl verabreicht wurde. Dadurch wird kontrolliert das kein so genannter Scheineffekt (Placeboeffekt entsteht), bei dem die Wirkung nicht durch den Wirkstoff, sondern der reinen Einnahme eines Mittels besteht. Weder die Untersucher:innen noch die Teilnehmer:innen wussten, ob sie in der Placebo Gruppe (26 Teilnehmer:innen) oder der Cannabis-Öl Gruppe (30 Teilnehmer:innen) sind. In der Studie wollten die Forscher:innen den Effekt von CBD-reichem Cannabis für die Linderung der Krankheitssymptome bei Morbus Crohn untersuchen. Zu diesen Krankheitssymptomen zählen unter anderem erhöhter Stuhlgang, Bauschmerzen, Entzündungen des Darms, Gewichtsverlust und Beeinträchtigung der Lebensqualität. Um dies zu erfassen haben die Forscher:innen medizinische Interviews, körperliche Untersuchungen und einen Fragebogen zur Bestimmung der Aktivität von Morbus Crohn verwendet.
Eine Voraussetzung zur Teilnahme war die Diagnose von Morbus Crohn, welche mindestens drei Monate zurückliegen musste. Nach dem Screening nahmen beide Gruppen die Öle 2-mal täglich in Tropfenform ein. Dabei begannen sie mit einem Tropfen pro Dosis und steigerten die Dosis, bis das Schmerzempfinden besser wurde oder Nebenwirkungen auftraten. Ein Tropfen des verwendeten Cannabis-Präparates enthielt 16% CBD und 4% THC. Dabei wird die Wirkung von Cannabidiol (CBD) hauptsächlich als entzündungshemmend, antioxidativ und angstlösend und die Wirkung von THC als schmerzlindernd, schlaffördernd und appetitstimulierend beschrieben. Ein Tropfen umfasst 0,05 ml, also bestand die Startdosis aus 8mg CBD und 2mg THC welche 2-mal täglich, vor dem Essen, oral, eingenommen wurde. Die Proband:innen erhöhten die Dosis schrittweise. Die maximale Dosis lag bei 40 Tropfen täglich. Nach dem Untersuchungszeitraum wurden erneut die Krankheitssymptome, die Lebensqualität und neu hinzukommend die Zufriedenheit mit der Behandlung erfasst.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Cannabis-Öl im Vergleich zu dem verabreichten Placebo-Öl zu einer Verbesserung der, subjektiv von den Teilnehmenden wahrgenommenen, Lebensqualität führte. Zudem wurden in der Cannabis-Öl Gruppe Verbesserungen beim Schlaf, bei Schmerzen, Schwellungen des Bauches, Appetit und dem generellen Wohlbefinden festgestellt. In der Placebo Gruppe wurden diese Verbesserungen nicht beobachtet. In der Cannabis Gruppe berichteten 75% der Proband:innen, eine sofortige Wirkung bei Einnahme bemerkt zu haben. Im Vergleich dazu gaben 75% der Placebo Gruppe an, erst nach 2 Wochen eine Wirkung bemerkt zu haben. Der Unterschied der Wirkungsdauer (bei der Placebo Gruppe, der Placebo-Effekt) zeigte, dass Cannabis eine direkte klinische Auswirkung auf die Morbus Crohn Symptome hatte.
Die Behandlung mit Cannabis-Öl kann auch Nebenwirkungen verursachen. Zu diesen zählen optische Verzerrungen, Unruhe, Verhaltensänderungen, Verwirrung, verminderte Gedächtnisleistung, Schwindel, Husten und Kurzatmigkeit. In der Studie zeigte sich, dass die Personen der Cannabis-Gruppe im Vergleich mit der Placebo-Gruppe nach der 8-wöchigen Einnahme eine leicht verminderte Gedächtnisleistung aufwiesen. Dieser Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant.
Die Patient:innen-Zufriedenheit ist bei einer Behandlung besonders wichtig. Gerade bei einer neu erforschten und alternativen Medikation. Die Zufriedenheit der Teilnehmenden, die das Cannabis-Öl eingenommen haben, lag bei 80%. Im Vergleich dazu lag diese bei der Placebo Gruppe nur bei 50%.
Neben den Verbesserungen der Lebensqualität und verschiedenen Krankheitssymptomen, konnte keine Veränderung der Entzündungswerte des Darms festgestellt werden. In der Studie wird diskutiert, dass durch eine Erhöhung des CBD-Gehalts eine entzündungshemmende Wirkung auftreten könnte. Die Behandlung mit Cannabis-Öl scheint eine vielversprechende neue Behandlungsmethode für Morbus Crohn zu sein, auch wenn es noch weiterer Forschung bedarf.
Die Wirksamkeit von medizinischem THC und CBD zeigte sich bereits bei vielen Krankheiten die mit Cannabis behandelt werden. Patient:innen mit Morbus Crohn berichteten von einer Vielzahl an positiven Veränderungen nach der 8-wöchigen Behandlung mit Cannabis-Öl. Probleme mit dem Schlaf, mit Schmerzen, mit Blähungen des Bauches und dem Appetit wurden besser. Ebenso berichteten die Patient:innen von erhöhtem generellem Wohlbefinden. In dieser Studie konnte somit die Wirksamkeit von Cannabis-Öl bei bestimmten Symptomen von Morbus Crohn gezeigt werden.
Die Wirkung von Cannabis-Öl auf den Schlaf, Appetit und die Lebensqualität ist nicht nur für Patient:innen mit Morbus Crohn interessant. Denn Probleme in diesen Bereichen sind ebenso bei anderen Erkrankungen zu beobachten und könnten durch eine Behandlung mit Cannabis-Öl verbessert werden. Zudem können diese Einschränkungen auch bei Personen ohne Autoimmunerkrankung im Alltag auftreten und die Lebensqualität beeinträchtigen. Daher wird die Wichtigkeit der Behandlung, mit einer den Patient:innen zufriedenstellenden Medikation, noch einmal deutlich. Die Behandlung mit Cannabis ist vielversprechend, bedarf aber noch weiterer wissenschaftlicher Forschung.
Die positiven Eigenschaften von medizinischem Cannabis auf die Psyche von Patient:innen haben sich...