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Kann Cannabis bei Angststörungen und Panikattacken helfen?

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In den letzten Jahren hat das Interesse an alternativen Behandlungsmethoden bei psychischen Erkrankungen wie Angststörungen stark zugenommen. Besonders medizinisches Cannabis, das die Cannabinoide THC und CBD enthält, steht dabei im Fokus. Seit 2017 dürfen alle Ärzte in Deutschland, außer Zahn- und Tierärzte, medizinisches Cannabis verschreiben, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Im Zentrum steht vor allem eine realistische Aussicht auf eine Besserung der Symptome durch Cannabis.

Der Gesetzgeber nennt keine spezifischen Krankheitsbilder, aber typische Anwendungsbereiche sind unter anderem chronische Schmerzen, Muskelkrämpfe oder Lähmungen bei Multiple Sklerose sowie Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemotherapie.

Medizinisches Cannabis gegen Angst bzw. Angststörungen

Das Interesse an alternativen Behandlungsmethoden für psychische Erkrankungen wie Angststörungen hat in den letzten Jahren zugenommen. Vor allem Cannabis rückt immer mehr in den Fokus [1]. Das wachsende Interesse an THC- und CBD-Therapien könnte darauf hindeuten, dass Patienten bereit sind, ihre Angststörungen mit medizinischem Cannabis zu behandeln. Viele Patienten bevorzugen medizinisches Cannabis als pflanzliche Alternative zu herkömmlichen Medikamenten und ersetzen pharmazeutische Opioide, Benzodiazepine und Antidepressiva sowie Alkohol, Zigaretten und illegale Drogen durch Cannabis [2].

Dies könnte dazu beitragen, Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen zu reduzieren. In vielen Online-Foren berichten Menschen über ihre Erfahrungen mit Cannabis bei verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden, einschließlich Angststörungen. Viele dieser Berichte sind sehr positiv, basieren jedoch auf subjektiven Erfahrungen, die durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden können.

Wissenschaftliche Studien zum Einsatz von Cannabis bei Angststörungen

Die wissenschaftliche Grundlage für die positive Wirkung von Cannabis auf Angststörungen ist nicht eindeutig. Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2019 identifizierte 31 Studien zu Cannabis und Angstzuständen, von denen nur 17 die wissenschaftlichen Mindestkriterien erfüllten [3]. Die Analyse dieser Studien ergab, dass medizinisches Cannabis bzw. Cannabinoide (hauptsächlich THC, mit oder ohne CBD) Angstsymptome bei Personen linderten, die an anderen Erkrankungen wie chronischen Schmerzen oder Multiple Sklerose litten.

Der therapeutische Einsatz von Cannabis könnte somit auch bei der Behandlung von Angstsymptomatiken hilfreich sein. Besonders in Tiermodellen konnte gezeigt werden, dass CBD sowohl Verhaltensparameter als auch physiologische Marker von Stress und Angst reduzieren kann [4]. Auch Humanstudien haben die Wirksamkeit von CBD untersucht. Brasilianische Forscher führten eine Studie mit Personen durch, die an einer generalisierten sozialen Angststörung litten. Die Probanden mussten eine Rede halten, die auf Video aufgezeichnet und später analysiert wurde. Ein Teil der Probanden erhielt CBD, der andere ein Placebo.

Es zeigte sich, dass CBD die Angst vor der Rede signifikant reduzierte und mit weniger kognitiven Beeinträchtigungen und geringerem Unbehagen verbunden war als das Placebo. Diese Effekte waren sowohl bei den gesunden Kontrollpersonen als auch bei den Patienten zu beobachten [5]. Allerdings spielt die Dosierung von CBD eine große Rolle. Eine andere Studie zeigte, dass CBD nur bei mittleren Dosen (300 mg) angstmindernd wirkte, nicht jedoch bei niedrigen (150 mg) oder hohen Dosen (600 mg) [6]. Weitere Studien deuten darauf hin, dass CBD auch bei anderen Angstformen wie sozialer Angst oder posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) sowie bei angstinduzierter Schlaflosigkeit helfen kann. Eine 2011 veröffentlichte Studie zeigte, dass Patienten mit sozialer Angststörung nach der Einnahme von CBD weniger Angstzustände erlebten als die Patienten, die Placebo erhielten. Dies könnte mit den Auswirkungen von CBD auf die Aktivität in bestimmten Hirnregionen zusammenhängen [7].

Wirkung von Cannabis auf das Endocannabinoid-System

Warum Cannabis oder speziell CBD gegen Angst wirken kann, ist noch nicht vollständig geklärt. Eine mögliche Erklärung hängt mit dem Neurotransmitter Serotonin zusammen: CBD interagiert mit den CB1- und CB2-Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems im Gehirn. Dieses System ist an der Freisetzung von Serotonin beteiligt. CBD kann direkt an Serotonin-Rezeptoren binden und deren Aktivität beeinflussen. Serotonin reguliert unter anderem die Stimmung, den Appetit, den Schlaf und das Schmerzempfinden.

Fazit: Medizinisches Cannabis als Therapieoption

Solange die Wirkmechanismen von CBD bei Angststörungen nicht vollständig verstanden sind, ist Vorsicht geboten. Selbstmedikation wird nicht empfohlen. Es ist wichtig, CBD nur nach Rücksprache mit einem Arzt einzunehmen, insbesondere wenn bereits Medikamente gegen Angststörungen eingenommen werden. Ein auf Cannabis spezialisierter Arzt kann über mögliche Wechselwirkungen informieren und die geeignete Dosierung ermitteln.

 

 


 

Quellenangaben

[1] Leas, E. C., Nobles, A. L., Caputi, T. L., Dredze, M., Smith, D. M., & Ayers, J. W. (2019). Trends in Internet Searches for Cannabidiol (CBD) in the United States. JAMA network open, 2(10), e1913853. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2019.13853 


[2] Lucas, P., & Walsh, Z. (2017). Medical cannabis access, use, and substitution for prescription opioids and other substances: A survey of authorized medical cannabis patients. The International journal on drug policy, 42, 30–35. https://doi.org/10.1016/j.drugpo.2017.01.011

[3] Black, N., Stockings, E., Campbell, G., Tran, L. T., Zagic, D., Hall, W. D., Farrell, M., & Degenhardt, L. (2019). Cannabinoids for the treatment of mental disorders and symptoms of mental disorders: a systematic review and meta-analysis. The lancet. Psychiatry, 6(12), 995–1010. https://doi.org/10.1016/S2215-0366(19)30401-8

[4] Lemos, J. I., Resstel, L. B., & Guimarães, F. S. (2010). Involvement of the prelimbic prefrontal cortex on cannabidiol-induced attenuation of contextual conditioned fear in rats. Behavioural brain research, 207(1), 105–111. https://doi.org/10.1016/j.bbr.2009.09.045

[5] Bergamaschi, M. M., Queiroz, R. H., Chagas, M. H., de Oliveira, D. C., De Martinis, B. S., Kapczinski, F., Quevedo, J., Roesler, R., Schröder, N., Nardi, A. E., Martín-Santos, R., Hallak, J. E., Zuardi, A. W., & Crippa, J. A. (2011). Cannabidiol reduces the anxiety induced by simulated public speaking in treatment-naïve social phobia patients. Neuropsychopharmacology : official publication of the American College of Neuropsychopharmacology, 36(6), 1219–1226. https://doi.org/10.1038/npp.2011.6

[6] Linares, I. M., Zuardi, A. W., Pereira, L. C., Queiroz, R. H., Mechoulam, R., Guimarães, F. S., & Crippa, J. A. (2019). Cannabidiol presents an inverted U-shaped dose-response curve in a simulated public speaking test. Revista brasileira de psiquiatria (Sao Paulo, Brazil : 1999), 41(1), 9–14. https://doi.org/10.1590/1516-4446-2017-0015

[7] Crippa, J. A., Derenusson, G. N., Ferrari, T. B., Wichert-Ana, L., Duran, F. L., Martin-Santos, R., Simões, M. V., Bhattacharyya, S., Fusar-Poli, P., Atakan, Z., Santos Filho, A., Freitas-Ferrari, M. C., McGuire, P. K., Zuardi, A. W., Busatto, G. F., & Hallak, J. E. (2011). Neural basis of anxiolytic effects of cannabidiol (CBD) in generalized social anxiety disorder: a preliminary report. Journal of psychopharmacology (Oxford, England), 25(1), 121–130. https://doi.org/10.1177/0269881110379283 

[8] Bitencourt, R. M., & Takahashi, R. N. (2018). Cannabidiol as a Therapeutic Alternative for Post-traumatic Stress Disorder: From Bench Research to Confirmation in Human Trials. Frontiers in neuroscience, 12, 502. https://doi.org/10.3389/fnins.2018.00502 

 


 

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